Home Interview mit Sabine Wieger Interview mit Sabine Wieger CoachHub · 13 May 2022 · 9 min read CoachHub: Warum hast du dich entschieden, Coach zu werden? SW: Der ursprüngliche Impuls kam durch eine persönliche Krise, durch die mir ein Coach half, gestärkt in eine neue Lebensphase gehen zu können. Ich war von der Erfahrung des Coachings so fasziniert, dass ich die Technik erlernen und sie in meiner Vertriebs- und Führungstätigkeit anwenden wollte. Das ist nun mittlerweile 12 Jahre her. Nach ein paar einprägenden Erfahrungen wuchs mit der Zeit immer mehr der Wunsch in mir, nachhaltig Führungsverhalten in der Business Welt zu beeinflussen bzw. zu verändern. Menschen, bei ihren persönlichen und professionellen Entwicklung zur Führungskraft so zu begleiten, dass in deren Führungsverhalten der Mensch im Mittelpunkt steht. Nach nun mehr als 10 Jahren Business & Executive Coaching Erfahrung sehe ich erfreulicherweise eine Veränderung – wahrscheinlich auch weil sich Führungskräfteentwicklung und Coaching immer mehr etablieren. Man hat erkannt, dass der Fokus auf die Bedürfnisse der Arbeitskraft ‚Mensch‘ sich in Produktivität und Motivation bzw. aufs Betriebsergebnis positiv niederschlägt. CoachHub: Welche Methoden und Coaching-Techniken wendest du an? SW: Mir ist es wichtig, mit meinem jeweiligen Coachee auf Augenhöhe zu arbeiten, eine fundierte Vertrauensbasis aufzubauen, zuzuhören, Bedürfnisse und Wertigkeiten zu kennen und gezielte Fragen zu stellen, die eine nachhaltige Weiterentwicklung ermöglichen. Ein wichtiger Aspekt ist für mich die Anwendung von Methoden, die an die Persönlichkeit des jeweiligen Coachees, dessen Rolle, und des jeweiligen Fokusthemas angepasst sind und ihn/sie weiterbringen. Ich arbeite dabei sehr praxisorientiert: Wir nehmen uns also zum genannten Thema ein Beispiel und arbeiten dieses durch. Ich lege im jeweiligen Kontext Wert darauf, dass ich die Person und nicht das Problem coache und einen Perspektivenwechsel ermöglichen kann. Meine langjährigen Erfahrungen in der Führung, im Vertrieb und im Geschäftsaufbau kommen mir dabei sehr zugute. Sie helfen mir, mich vor allem in Alltags-Problematiken und Konflikte hinein versetzen zu können. Ich verwende Techniken aus der „Positive Intelligence“, die dem Coachee helfen zu sehen, mit welchen möglichen limitierenden, inneren Einstellungen, gelernten Mustern bzw. Glaubenssätze bzw. seinen eigenen inneren Kritikern er/sie sich ggf. selbst im Weg steht. CoachHub: Vor welchen Herausforderungen stehen Führungskräfte zurzeit? SW: Da gibt es momentan einige, die ich sehr oft höre: Z.B. Unzufriedenheit und Demotivation aufgrund von zu langen Prozessen, zu viele Meetings, zu viel Arbeit, zu wenig Ressourcen, Arbeitskräftemangel, keine vernünftigen Head-count-Politik oder Strategien, die keine Fehler erlauben und rein auf Druck ausgelegt sind. Oft sehe ich die Gefahr von Burnout der Mitarbeiter, weil Unternehmenskulturen nicht agil genug für diese Zeit aufgestellt sind. So werden Führungsschwächen sichtbar und Ungewissheit entsteht durch mangelnde Flexibilität und der Resistenz gegenüber Veränderungen. So manche Unternehmenskultur hat noch keine funktionierende Feedback-/Fehlerkultur entwickelt, so dass oft kritische Informationen erst gar nicht in die obersten Führungsebenen durchkommen. Viele vorerst mutige ‚Feedback‘-Geber unterlassen Kritik und Transparenz entmutigt, wenn sie nicht wertgeschätzt werden. Ich sehe oft, dass zu großes Harmoniebedürfnis Konfliktunwilligkeit nach sich zieht, was leider dazu führt, dass Ideen und Innovationen nur verlangsamt herbeigeführt werden können. Unter dem Motto ‚be the change you want to see‘ arbeite ich zu diesen Themen mit meinen Coaching Kunden gerne an den ersten Schritten, eine Fehler-und Feedback-Kultur zu entwickeln. Gleichzeitig verstärken wir in der Führung Loslass- und Empowerment-Prozesse, damit verstärktes Vertrauen in sich, andere und ins Team entstehen kann. CoachHub: Was sind deiner Meinung nach die wesentlichen Fähigkeiten, um heute eine gute Führungskraft zu sein? SW: Für mich beginnt nachhaltige Führungsentwicklung bei sich selbst. Deshalb ist mir wichtig, dass man sich zunächst mit sich selbst als Leader auseinandersetzt, reflektiert und erkennt wie es mit der ‚Führung von sich selbst‘ steht. Im Sinne von Self-Leadership sind meiner Erfahrung nach folgende Aspekte ausschlaggebend: Aufbau und Vorleben von Vertrauen und eines wertschätzenden Miteinanders, die Etablierung einer angstfreien Feedbackkultur oder das Hintenanstellen des eigenen Egos, Stärkung der eigenen Resilienz gegenüber Ungewissheit/Schnelllebigkeit, Etablierung eines Growth Mindsets, Dann wird es einer Führungskraft auch möglich, Wertschätzung zu vermitteln, Mitarbeitenden auf Augenhöhe zu begegnen (weg von der Hierarchie zum Rollen-Denken), von Autorität, Kontrolle und Macht hin zu Vertrauen, Sinnstiftung, Stärken-Förderung. Und so findet mit Geduld und Hinterfragung des ‚Purposes‘, Inspiration und Empowerment statt, Veränderung anzunehmen. Wenn die Mitarbeitenden die Sinnhaftigkeit verschiedener Strategien und Aufgaben verstehen, ist es ihnen möglich Verständnis dafür aufzubringen und gehen anders an Dinge ran. Gestärkt durch das motivierte, produktive Zusammenspiel im Team wächst wiederum die Führungskraft: Sie entwickelt Mut, sich für ihre Mitarbeitenden und nachhaltige Veränderung oder sich für Autonomie und Alignement einzusetzen. Gemeinsam Leben und Arbeiten bedeutet schließlich auch, positiv gestärkt in die Zukunft zu gehen. CoachHub: Einer deiner Ansätze ist human-centered Leadership – was beinhaltet er und wie kann man ihn umsetzen? SW: Bei diesem Ansatz geht es um das Mindset, dass Mitarbeitende als Menschen im Mittelpunkt stehen. Ohne gute Belegschaft, kein erfolgreiches Unternehmen. Wertschätze deine Mitarbeitenden und stelle ihre Bedürfnisse in den Mittelpunkt und der Erfolg wird sich automatisch einstellen. Warum? Weil es die Mitarbeitenden mit Motivation, Einsatz, Ideen, Produktivität zurückgeben. Ich stehe sehr hinter Ansätzen aus den 9 Prinzipien der Agilen Führung oder aus dem Teal Ansatz von ‚Reinventing Organizations‘ Es freut mich zu sehen, wenn eine Unternehmensführung hinsichtlich human-centered (statt business-centered) Mindset umdenkt und damit glaubwürdig in Mitarbeitende investiert. Ich bin fest davon überzeugt, dass es langfristig nur so funktionieren wird, gute Mitarbeiter in Unternehmen zu halten. Wir sind in einem Employee Markt angekommen: Gute Mitarbeiter haben die Wahl, bei welchem Unternehmen sie tätig sein wollen. Sinnhaftigkeit, Vereinbarkeit von Werten und Bedürfnissen stehen dabei bei der Entscheidung nach dem richtigen Arbeitsgeber im Vordergrund, CoachHub: Ein weiterer Fokus liegt auf Agiler Transformation. Warum? SW: Die Pandemie hat gezeigt, dass die VUCA-Welt flexible, angepasste und schnelle Entscheidungen und Prozesse bzw. Digitalisierung erfordert. Viele Unternehmen sind jedoch noch nicht an diesem Punkt angekommen. Und ja, dies hat wieder Auswirkungen auf den Faktor Mensch im Unternehmen und dessen Erfolg. Es ist mir auch hier ein Anliegen einen Beitrag leisten und beim Umdenken unterstützend zu wirken, sodass neue Eco-Systeme, New Work-Ansätze, schnelle(re) Entscheidungswege und flexible Prozesse sowie Kundenzentrierung statt interner Fokus möglich werden. Durch die gemeinsame Arbeit mit meinen Coaching-Kunden, kann ich Kunden helfen, dass ein effektiveres besseres Anpassen an Markt-/Weltgegebenheiten möglich ist, statt Unternehmen bzw. Organisationen aufzubrechen: Um an dieser Stelle auf das Konzept ‚Teal‘ – Frederic Laloux‘s ‘Reinventing Organisations’ zu kommen, dessen Ansätze sich in Unternehmen verschiedener Größen bereits etabliert haben: Die besten Unternehmenskulturen helfen ihren Mitarbeitern, den Unternehmenszweck mit ihrem eigenen ‚Purpose‘ zu verknüpfen, ermöglichen transparentes und autonomes, auf Stärken fokussiertes Arbeiten. CoachHub: Wie begleitet man erfolgreich und nachhaltig Transformationen? SW: Ich arbeite hier eng mit meiner Partnerfirma LIVEsciences zusammen, einem Team von Experten, die Konzerne durch agile Transformen begleiten. Mein Anteil ist dann die Begleitung durch Einzel- und Kleingruppen- oder Team-Coaching der obersten Führungsebene und Führungskräften, durch den Mindset Shift und Change-Prozess. Idealerweise, startet man in der obersten Führungsebene mit der klaren Definition davon welche Bedeutung ‚Agilität im Unternehmen‘ haben soll bzw. was man dadurch bewirken will. Im nächsten Schritt (sehr vereinfacht gesagt) holt man Mitglieder aller Ebenen an Bord, ‚Agilität‘ in den Arbeitsalltag zu bringen, zum Beispiel durch die Etablierung eines ‚agiles Teams‘, das unterstützen soll im gesamten Unternehmen, agiles Denken und Handeln zu leben. CoachHub: Dein 3. Thema ist Personal Branding – warum ist das wichtig? SW: Ich habe vor allem in den letzten beiden Jahren verstärkt in meinen Coaching-Sessions mit Frauen festgestellt, dass sie sich des öfteren keinen Gefallen tun, sich in ihrem Arbeitsumfeld zu positionieren. Es braucht Mut, Selbstvertrauen und Klarheit für seine Stärken, Persönlichkeit und Einzigartigkeit im Unternehmen einzustehen und sich damit so sichtbar zu machen um für neue Möglichkeiten berücksichtigt zu werden. Es ist mir mittlerweile ein sehr großes Anliegen geworden, Frauen zu stärken, sich Führungsaufgaben und höhere Positionen zuzutrauen, diese anzustreben und dabei noch sie selbst sein zu können. CoachHub: Was sind einfache Stellschrauben, um den Personal Brand aufzubauen? Welche Tipps & Tricks hast du für unsere Leser:innen? SW: Es beginnt mit der Klarheit, welche Elemente ein idealer Job beinhaltet, damit man in seinen Stärken, und basierend auf den eigenen Werten und Bedürfnissen bzw. in einem Umfeld in dem man sich rundum wohl, gefördert und geschätzt fühlt arbeiten kann. Das Bewusstsein darüber, was es braucht, damit man Spaß und Erfüllung bei der Arbeit erlebt, hilft bei der Entwicklung der eigenen Vision und des eigenen Verständnisses für sich selbst. Sobald die Basis für das eigene Personal Branding gegeben ist, formulieren wir Ziele, arbeiten an der persönlichen Brand Message, darauf abgestimmte Kommunikation und Verhalten und lösen innere Blockaden, die dem starken eigenen Brand im Weg stehen. CoachHub: Warum hast du dich für eine Zusammenarbeit mit CoachHub entschieden? SW: Ich habe bereits in meiner Zeit in den USA remote und digital gearbeitet. CoachHub war für mich eines der ersten Unternehmen, das in Europa erfolgreich digitales Coaching glaubwürdig etabliert hat. Ich liebe die automatisierten Prozesse, die CoachHub App und natürlich das CoachHub-Team, mit dem ich zusammenarbeite. Nachdem ich gefühlt seit der ersten Phase von CoachHub dabei war, hatte ich auch die Möglichkeit, in Gesprächen mit potenziellen CoachHub Kunden über Coaching aus der Sicht des Coaching-Prozesses zu sprechen. Mich spricht die Unternehmenskultur sehr an. Jede Person, die ich bisher bei CoachHub getroffen habe, war von Coaching überzeugt und mit voller Motivation, Ambition und Einsatz dabei. Es zeigt auch, wie sehr CoachHub hinter dem Coaching-Ansatz steht, indem sie jedem Mitarbeitenden einen Coach zur die Seite stellt. Auf Augenhöhe, wertschätzend. CoachHub: Welche Trends und Herausforderungen siehst du aktuell im Coaching-Bereich? SW: Im Konzern gilt es vor allem, das Qualitätslevel von Coaching aufrecht zu erhalten, damit jeder Coachee eine für sich hilfreiche Erfahrung macht. Was Trends anbelangt, so glaube ich, dass Burnout-Prävention, Agilität, Resilienz, Entrepreneurship Fokusthemen sind. Die Anwendung von Coaching-Techniken in der Führung sowie Empowerment, flache, selbstorganisiertes autonomes Arbeiten sind weiterhin sehr wichtige Themen. Wobei die Ursachenbehebung von Problematiken der heutigen Zeit im Vordergrund stehen sollte: Investition in Führung, Ermöglichen von Perspektivenwechseln hinsichtlich Fehler und Feedback-Kultur, Agilität, Digitalisierung und Automatisierung von Prozessen. CoachHub: Hast du noch etwas, das du zum Abschluss des Interviews ergänzen möchtest? SW: Ich freue mich sehr, dass durch CoachHub der so wichtige Mindset-Shift zum digitalen Coaching passiert. Coaching hilft einfach nachhaltig weiter, egal auf welchem Level und in welcher Rolle. Teilen Über die Autorin: Als erfahrener und international zertifizierter (PCC) Coach für Business und Executive Leadership in den USA und Europa arbeitet Sabine Wieger mit Menschen in der (Unternehmens-)Führung, ihre menschzentrierten, agilen Führungsfähigkeiten zu entwickeln und zu stärken. Sie gibt ihnen so das Rüstzeug an die Hand tägliche Herausforderungen im Unternehmen meistern und gemeinsame praxisorientierte nachhaltige Lösungen zu finden, die sich positiv auf ihr berufliches und privates Leben auswirken. Vor allem durch die Anforderungen unserer sich verstärkten VUCA Welt, ist Sabine Wieger verstärkt involviert, Führungskräfte durch notwendig gewordene agile Transformationen zu unterstützen, ihre Rollen zu optimieren und neue Möglichkeiten zu erkennen, die sich durch organisatorische Veränderungen eröffnen. Sabine Wieger engagiert sich leidenschaftlich und gibt regelmäßig Workshops zu Themen rund um ‚Diversity & Inclusion‘, Frau in der Führung, ‚Personal Branding for Female Professionals‘, ‚Empowering Inclusion through Personal Branding‘, ‘9 Prinzipien der agilen Führung‘ und funktionierende Fehler- und Feedbackkulturen. Ihre erfolgserprobte Methode ist nachhaltig und umweltfreundlich – sie coacht seit über 10 Jahren virtuell mit Führungskräften auf der ganzen Welt und hat mehr als 1800 Kundenstunden gesammelt. Sabine ist eine energische, dynamische, engagierte und leidenschaftliche Führungs- und Geschäftsentwicklungsexpertin mit über 25 Jahren Erfahrung in der Geschäfts- und Führungsentwicklung auf US-amerikanischen und europäischen Märkten. 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